Die vorliegende Arbeit ist die leicht überarbeitete Version der Habilitationsschrift, die im WS 2010/2011 an der Universität Freiburg eingereicht wurde. In einer Einleitung beleuchtet der A. den Untersuchungsgegenstand, die Forschungslage, die Methodik sowie die Fragestellung der Arbeit, die sich in drei Abschnitten im Wesentlichen mit drei Wirkungsbereichen der Beziehungen zwischen England und dem ostfränkisch-deutschen Reich im Frühmittelalter beschäftigt: «Regiones», «Regna» und «Christianitas». Nach Darlegung des Untersuchungsansatzes stellt der A. im Abschnitt «Regiones» die Akteure (wie die Händler, Pilger, Exilanten, Ehefrauen, Arbeitsmigranten wie Münzer, Goldschmiede, Seeleute, Söldner oder Auswanderer, Gelehrte, Äbte, Mönche, Bischöfe, Säkularkleriker sowie Landbesitzer) vor, die den Kontakt und die Beziehungen zwischen den beiden Räumen (England und das Reich) mehr oder wenig intensiv geprägt haben. Bei der Gruppe der Exilanten seien besonders der Bruder König Aethelstans, Edwin (belegt in den
Gesta abbatum s. Bertini des Folkuin), der Ebf. Dunstan von Canterbury (unter Berücksichtigung der Dunstan gewidmeten Gedichte sowie der
Vita Edmundi des Abbo von Fleury und der Dunstan-Viten eines gewissen B., des Genter Mönchs Adelard, des Osbern, des Eadmer und des William von Malmesbury), die Ehefrau König Knuts d. Gr., Königin Emma (bezeugt im
Encomium Emmae), die Angehörigen der adligen Familie Godwin, bei der Gruppe der Ehefrauen, die wegen Heirat nach England oder ins ostfränkisch-deutsche Reich kamen, Judith von Flandern (Heirat mit Tostig, Sohn Godwins; belegt im
Libellus des Symeon von Durham), die vermeintliche Mutter des Ebf.s Egbert von Trier (bezeugt in den
Gesta Treverorum) sowie die vermeintlichen Eltern des Grafen Meingaud (belegt in der
Vita Meingoldi), bei der Gruppe der Gelehrten Benna von Trier (zusammen mit Radbod von Reims Erzieher der Edith von England, erwähnt in der
Vita Edithae und
Translatio Edithae des Goscelin von St. Bertin), die Verfasser der Viten Dunstans und anderer angelsächsischer Heiliger (z.B.
Breviloquium vitae Wilfridi des Fredegaud,
Translatio et miracula s. Swithuni des Lantfred oder
Vita Edmundi des Abbo von Fleury) sowie flandrische Historiographen und Hagiographen (wie Goscelin aus St. Bertin, Folcard aus St. Bertin mit seiner
Vita Iohannis de Beverley, Geistliche aus St. Bertin oder St. Omer mit dem
Encomium Emmae oder der flandrische Autor der
Vita Edwardi regis), bei der Gruppe der Äbte und Mönche Lioffin von Mettlach (erwähnt in den
Miracula Liutwini), Gregor von Einsiedeln (bezeugt in der
Vita Wolfkangi des Othloh von Emmeram), Grimbald von St. Bertin oder Johannes der Altsachse (beide belegt in der
Vita Alfredi des Asser; Johannes [= Abt von Aethelney?] werden drei lateinische Gedichte an König Alfred und den jungen Aethelstan zugeschrieben), die auf dem Kontinent wirkten, sowie Mönche aus St. Bertin im Kloster Bath, Abt Wythman von Ramsey (bezeugt in der
Historia Rameseiensis), Äbtissin Aelfgifu von Nunnaminster (belegt in der
Vita Edburgae des Osbert von Clare) oder Mönch Winrich von Worcester (erwähnt in der
Vita Wulfstani des William von Malmesbury), die nach England kamen, bei der bischöflichen und säkularklerikalen Gruppe die Bischöfe Theodred von London (zu finden in der
Vita Edmundi des Abbo von Fleury und den Heiligenpredigten des Aelfric), Duduc von Wells, Hermann von Ramsbury, Robert von London, Leofric von Crediton (die letzten drei bezeugt in den
Gesta pontificum des William von Malmesbury), Giso von Wells (mit seiner Autobiographie) oder Walter von Hereford und Kleriker wie den königlichen Kaplan Ingelric, der Hofkanzler Regenbald oder der Schulmeister von Waltham Adelard (belegt im
Chronicon Walthamense und in der
Vita Haroldi) erwähnt. Der Abschnitt schließt mit Betrachtungen zu den Reisewegen und Begegnungsräumen sowie v.a. den verschiedenen Beziehungsformen zwischen England und dem ostfränkisch-deutschen Reich, die anhand von Verwandtschaft, Freundschaft und spiritueller Liebe verdeutlicht werden. Als besondere Beispiele von (freundschaftlichen) Beziehungen seien die Briefe an die Erzbischöfe von Canterbury genannt (Herzog Arnulf I. oder II. von Flandern an Dunstan, Abt Wido von Gent an Dunstan, Abt Fuldrad von St. Vaast an Aethelgar, Abt Odbert von St. Bertin an Aethelgar und Sigeric) oder die Prologe und Briefe von getreuen Gelehrten an ihre angelsächsischen Patrone wie Lantfred aus dem Umfeld Bf. Aethelwolds von Winchester mit seinem Gedicht
De libero arbitrio (Widmung an Bf. Aethelwold), die dem Ebf. Aelfric von Canterbury gewidmete
Vita Dunstani des Sachsen B., dem auch der Brief an Bf. Aethelgar von Selsey zugeschrieben wird, oder die Widmungsbriefe des Goscelin von St. Bertin an seinen Patron Bf. Hermann von Ramsbury und Sherborne in der
Vita Wulfsigi und
Vita Edithae und die Widmung an die Rekluse Eva im
Liber confortatorius. Im Anschluss befasst sich der A. mit den Kontakten, etwaigen Treffen und Beziehungen zwischen den englischen und ostfränkisch-deutschen Herrschern und Regenten. Hauptakteure sind hierbei in erster Linie König Aethelwulf und Karl der Kahle sowie König Knut der Große und Kaiser Konrad II. Nicht unberücksichtigt in diesem Abschnitt («Regna») bleiben auch königliche Gesandtschaften (so z.B. Bf. Coenwald von Worcester als Gesandter König Aethelstans aus Anlass der Verheiratung Ediths mit Kaiser Otto I. oder Gesandtschaften und Botengänge zwischen der Könige Edmund, Edred oder Edgar und Otto I. und Otto II., oder aus Anlass der Verheiratung der Tochter Knuts des Großen, Gunhild, mit Heinrich III., oder die Gesandtschaft des Bf.s Ealdred von Worcester, später Ebf. von York, nach Köln) sowie das Handeln nicht-königlicher Herrschaftsträger wie z.B. des Ebf.s Unwan von Bremen mit Blick auf den Konflikt mit König Knut dem Großen wegen der Missionierung Skandinaviens, belegt insb. in den
Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum des Adam von Bremen. Als weitere Gesichtspunkte der Beziehungen zwischen den beiden Reichen werden auch die bei etwaigen Treffen oder Gesandtschaften ausgetauschten Geschenke (wie z.B. das um 900 entstandene und aus Lobbes stammende Evangeliar Ottos I. an Aethelstan oder das um die Mitte des 9. Jahrhunderts angelegte Evangeliar aus Metz Aethelstans an Otto I.: London, BL, Cott. Tiberius A ii bzw. Coburg, Landesbibliothek, 1), die etwaigen Verbrüderungen oder die Heiraten Ediths mit Kaiser Otto I., Gunhilds mit Kaiser Heinrich III. und Agathas mit Edward the Exile untersucht ebenso wie die Auswirkungen des Handelns von Königinnen und die gegenseitige Wahrnehmung zwischen den Königreichen, letzteres verdeutlicht anhand der jeweiligen Chronistik und Hagiographie wie z.B. der
Vita Alfredi des Asser, der Königslisten, der
Gesta des Adam von Bremen, der Chronik des Marianus Scottus, der Altaicher Annalen und der Chronik Aethelweards. Der letzte Abschnitt («Christianitas») widmet sich zunächst dem Wissens- und Bildungsaustausch im Lichte der monastischen (d.h. in erster Linie benediktinischen) Reformen, so z.B. unter König Alfred d. Großen oder unter König Aethelstan mit Mitwirkung des Odo von Canterbury, Dunstan von Canterbury, Aethelvold von Winchester oder Oswald von York. Ausgehend von den eigentlichen Wissenstexten wie der Bibel oder anderer Schul- und Wissensliteratur beleuchtet der Vf. das englische Interesse an Mönchsregeln wie der von Benedikt, Chrodegang oder des Aethelwold (nicht Dunstan!:
Regularis concordia) und deren Überarbeitungen, Anpassungen und Kommentare sowie an liturgischen Texten und Büchern wie dem hymnus
«Ardua spes mundi» des Ratpert von St. Gallen, dem
Liber capitularis des Stephan von Lüttich oder dem
Pontificale Romano-Germanicum. Nicht unberücksichtigt bleiben dabei die gegenseitige Heiligenverehrung und deren konkrete Ausprägungen (v.a. in den Viten des Albinus von Köln, der Ursula, des Edwin, des Bonifatius, des Willibalds und der Waldburga) sowie die eigene geschichtliche, geographische und ethnographische Konstruktion im Lichte des anderen. Ein Abschnitt mit einer Zusammenfassung und einigen Perspektiven, ein Anhang (mit einer Übersicht der Handschriften, Quellen und Sekundärliteratur) sowie ein Register der Orte und Personen runden den Band ab. (Michael Bachmann)
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